Spielerezension Tiny Epic Tactics
Spielename: Tiny Epic Tactics
Verlag: Gamelyn Games
Spielekategorie: Brettspiel, Dungeon Crawler, Fantasy, Kompetitives Spiel, Kooperatives Spiel, Solospiel, Zweispieler-Spiel
Spieleranzahl: 1-4
Altersempfehlung: 14+
Spieldauer: 30 – 60 min
Tiny Epic Tactics ist ein Fantasy-Taktik-Brettspiel für 1-4 Spieler. Es bietet 5 verschiedene Spiel-Modi, die sich stellenweise komplett anders spielen. Die 5 Spielmodi sind:
- 2-4 Spieler kompetitiv
- 2 vs. 2 Spieler kompetitiv
- 2-4 Spieler Battle Mode
- 1 Spieler Solo-Abenteuer
- 2 Spieler Kooperativ-Abenteuer
In dieser Rezension schauen wir uns den 2-4 Spieler-Kompetitiv-Modus von Tiny Epic Tactics an und werfen anschließend auch einen kurzen Blick auf den Solo-Modus.
Kompetitiv-Modus von Tiny Epic Tactics
In Tiny Epic Tactics verkörpert jeder Spieler eine Fantasy-Gruppe aus vier Charakteren: einem Krieger, einem Schurken, einem Magier und einer Bestie. Für jede Charakterklasse erhält jeder Spieler eine Karte mit einem individuellen Charakter. Jede Gruppe unterscheidet sich damit von denen der anderen Spieler.
Die Spielfläche von Tiny Epic Tactics ist mit 3D-Gelände aufgebaut, das wie eine Landschaft aus klassischen taktischen GameBoy-Spielen wie z.B. Final Fantasy Tactics anmutet. Die Charaktere können sich so auf unterschiedlichen Ebenen bewegen und strategische Positionen beziehen.
Ziel ist es, Flaggen zu gewinnen. Hierzu muss die Mehrheit an Charakteren bei drei Kontrollgebieten auf der Karte gehalten werden. Nachdem die Kontrolle über eine Flagge über ein spezielles Feld des Kontrollgebiets – Trigger-Feld genannt – angestoßen wurde, wir zu Beginn der Runde eines Spielers geprüft, ob dieser die Mehrheit an Charakteren in einem der Gebiete hält. Tut er dies, wird die Flagge ein Feld weiterbewegt. Hierfür gibt es noch keine Punkte. Wird die Flagge das dritte Mal weiterbewegt, erhält der Spieler die Flagge, der in dieser Runde die Mehrheit hält.
Eine Flagge ist 5 Siegpunkte wert. Weitere Siegpunkte gibt es in Tiny Epic Tactics für das Besiegen von Charakteren anderer Spieler und für das Halten von Dörfern in der letzten Spielrunde. Für jeden ausgeschalteten feindlichen Charakter werden 2 Siegpunkte erzielt. Für jeden Charakter, der sich zu Spielende in einem Dorf befindet, wird 1 Siegpunkt erzielt.
In seiner Runde stehen einem Spieler 3 Aktionen zur Verfügung, die unter den Charakteren aufgeteilt werden können. Jeder Charakter darf dabei regulär nur einmal aktiviert werden. Soll mit einem Charakter eine zweite Aktion gespielt werden, so wird dieser Charakter erschöpft und er erhält einen entsprechenden Marker. Mit einer Aktion kann ein Spieler einen Charakter bewegen, mit ihm einen Nahkampfangriff oder Fernkampfangriff ausführen oder einen Zauber sprechen.
Besitzt ein Charakter bei Tiny Epic Tactics zu Beginn einer Runde einen Erschöpfungsmarker, so wird dieser Marker am Ende der Runde abgelegt, wenn er nicht aktiviert wird. Um diesen Charakter aktivieren zu können, muss der Spieler ihm 2 Schaden zufügen, um den Marker entfernen zu dürfen.
Bei einem Nahkampfangriff wird ein fester Schadenswert zugefügt und die Lebenspunkte des Ziels werden entsprechend reduziert. Anschließend hat der Charakter die Wahl, das Ziel zurückzustoßen. Hierzu wird eine Anzahl an Würfeln geworfen, die auf der Charakterkarte vermerkt sind. Für jedes Zurückstoßen-Symbol, wird das Ziel ein Feld in gerader Linie von dem Angreifer weggeschoben. Fällt das Ziel hierbei von einer Anhöhe oder trifft es gegen ein Hindernis, erleidet es einen weiteren Schadenspunkt.
Mit einem Fernkampfangriff wird ein Ziel attackiert, das sich innerhalb der auf der Charakterkarte vermerkten Reichweite befindet. Damit wird dem Ziel ein fester Schadenswert zugefügt. Um einen Fernkampfangriff ausführen zu können, muss ein Charakter eine Munition bezahlen. Anschließend wird mit einer Anzahl an Würfel gewürfelt, die bei dem Fernkampfangriff des Charakters vermerkt sind. Für jedes Munitionssymbol muss eine weitere Munition bezahlt werden. Besitzt der Charakter nicht ausreichend Munition, schlägt der Fernkampfangriff fehl.
Ein Magieangriff funktioniert in Tiny Epic Tactics ähnlich wie ein Fernkampfangriff. Für einen Zauber muss ein Mana bezahlt werden. Anschließend darf optional gewählt werden, den Zauber mit 1-3 Mana zu verstärken. Für jedes so investierte Mana wird ein Würfel geworfen. Für jedes Mana-Symbol wird der Zauber verstärkt. Wie genau ist bei dem jeweiligen Zauber vermerkt.
Nach einem Nahkampf-, Fernkampf- oder Zauberangriff hat das Ziel die Möglichkeit, mit einem Counter-Angriff den Angreifer ebenfalls zu attackieren, vorausgesetzt, der ursprüngliche Angreifer ist in Reichweite. Möchte ein Charakter einen Counter-Angriff durchführen, der einen Erschöpfungsmarker hat, so muss dieser erst 2 Schaden erleiden, um den Erschöpfungsmarker abzulegen.
Das Gelände in Tiny Epic Tactics bietet im Spiel unterschiedliche Modifikatoren. Im Wald erleiden Charaktere 1 Schadenspunkt weniger, ein Wasserfeld kostet 1 zusätzlichen Bewegungspunkt, um es zu betreten. Im Wasser erleidet ein Charakter 1 Schadenspunkt mehr. In einem Dorf erhält ein Charakter 4 Lebenspunkte zurück und füllt seine Munition und sein Mana komplett wieder auf. Auf einem Gipfel, der ebenfalls einen zusätzlichen Bewegungspunkt kostet, diesen zu betreten, hat ein Charakter unendliche Reichweite und kann jeden feindlichen Charakter auf dem Spielfeld treffen. In der Ballista kann ein Charakter einen Fernkampfangriff mit Reichweite 4 ausführen, einen Schaden verursachen und das Ziel 1 Feld weit in beliebige Richtung schieben. Ein Portal kann mit einem Bewegungspunkt betreten werden und der Charakter taucht vor einem beliebigen anderen Portal irgendwo auf der Spielfläche wieder auf.
Der 2-4-Spieler-Kompetitiv-Modus von Tiny Epic Tactics endet, wenn alle drei Flaggen erobert wurden oder wenn alle Spieler eines Gegenspielers besiegt wurden.
Solo-Modus von Tiny Epic Tactics
Im Solo-Modus kämpft der Spieler gegen die Zeit und gegen eine durch eine KI gesteuerte Abenteurer-Gruppe. Der Abenteuer-Solo-Modus versteht sich als Dungeon-Crawler-Modus. Ziel ist es, sechs Edelsteine aus sechs verschiedenen Dungeons zu beschaffen.
Um einen Dungeon zu betreten, muss ein Portal betreten werden. Damit ein Dungeon betreten werden kann, darf sich keine Figur auf diesem Geländestück befinden. Befinden sich darauf feindliche Figuren, müssen diese erst heruntergestoßen oder bezwungen werden, befreundete Charaktere müssen erst von diesem Geländestück herunterbewegt werden.
Wird ein Dungeon betreten, wird das Geländestück umgedreht und damit der Dungeon offenbart. Der Charakter wird auf dem Eingangsfeld des Dungeons platziert. Um den Edelstein zu erlangen, muss der Charakter das Schatztruhenfeld beteten. Auf dem Weg dorthin befinden sich auf manchen Bodenfeldern des Dungeons Herausforderungssymbole. Dies können Fallen sein, bei denen Würfel geworfen werden müssen. Für jedes Munitionssymbol erleidet der Charakter 2 Schadenspunkte. Bei einem Monstersymbol muss eine Monsterkarte gezogen werden. Dies sind eigentlich auch nur einmalige Effekte wie "Erleide 2 Schaden, wenn dein Nahkampfsschaden unter 3, ansonsten erleide 1 Schaden".
Läuft in dem Solo-Modus von Tiny Epic Tactics die Zeit ab, verliert der Spieler, sammelt er alle sechs Edelsteine in der vorgegebenen Zeit ein, gewinnt er. Dabei werden sich die feindlichen, durch die KI gesteuerten Charaktere jede Runde bewegen und die eigenen Charaktere angreifen.
Pros:
- 5 komplett unterschiedliche Spiel-Modi
- Unterschiedliche Charaktere für alle Klassen
- Thematisch gut umgesetzt
- Spielmaterial passt prima in die Box
- Schlechte Produktionsqualität
- Sehr filigrane Marker, die leicht verrutschen
- 3D-Gelände unpraktisch, Felder nicht zu erkennen
- Dass Gelände nur zum Dungeon umgedreht werden können, wenn sich keine Figuren darauf befinden, fühlt sich konstruiert an und macht thematisch keinen Sinn
- Solo-Variante sehr mechanisch
- Dungeons sind wenig mehr als Fortschrittsfelder
- Wenig Aktionsmöglichkeiten in einer Runde, man ist den Aktionen der anderen Spieler oft ausgeliefert
- Mehrheit auf Flaggenfeldern in den ersten Runden bringt keine Punkte
- Bereits geschwächte Gegner haben kaum Chancen, ins Spiel zurück zu kehren und noch zu gewinnen
Fazit
Tiny Epic Tactics hätte viel Potential, wären die Spielmodi und die Spielmechaniken mehr gestreamlined worden. So leidet das Spiel leider an schlechter und unpraktischer Produktionsqualität sowie einem schwerfälligen und unausgewogenen Spielfluss. Die Spielmatte wirft Falten und lässt sich nicht gerade ausbreiten, die Marker sind für manche Spielerhände zu klein und filigran, die zahlreichen Marker verrutschen leicht auf den Spielkarten, wenn diese einmal versehentlich angestoßen werden. Die Bodenfelder der Dungeons in Tiny Epic Tactics können durch die Wände stellenweise nicht gesehen werden, sodass die entsprechenden Geländeteile jedes Mal gekippt werden müssen.
Innerhalb einer Runde haben die Spieler wenige Aktionen zur Verfügung und können nur geringfügig agieren, bevor die anderen Spieler wieder an der Reihe sind. Ggf. ist ein Spieler hier hilflos den folgenden Zügen der Mitspieler ausgeliefert. Bereits geschwächte Spieler haben in Tiny Epic Tactics wenig Chancen, das Spiel noch zu ihren Gunsten zu entscheiden, da ihnen sowohl die Kampfkraft fehlt als auch die taktische Möglichkeit, Mehrheiten bei den Missionszielen zu halten. Das Halten der Mehrheit bei Missionszielen macht in den ersten Runden wenig Sinn, da hierdurch keine Punkte erzielt werden und die eigenen Charaktere nur unnötig den Angriffen der Gegner ausgesetzt werden. Hier hätte es Sinn gemacht, wenn für das Voranbringen der Flagge zumindest einige wenige Punkte erzielt werden würden. Manche Spielmechanismen machen thematisch keinen Sinn und sind nur der Handhabung des Spielmaterials geschuldet – beispielsweise dass sich keine Figuren auf einem Geländeteil befinden dürfen, bevor ein Dungeon betreten werden kann.
Schade, denn mit etwas mehr Arbeit hätte Tiny Epic Tactics das Potential zu einem wirklich schönen Spiel gehabt. Spieler, die Freude an dem Entwerfen von Hausregeln haben, finden mit Tiny Epic Tactics eine gute Basis, ihr eigenes Spiel zu schaffen.
Bewertung